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23. November 2021

Neues Forum für den Arbeitsmarkt

Arbeitsmarktpolitischer Beirat für die Steiermark geschaffen
Soziallandesrätin Doris Kampus (re.) und Wirtschaftslandesrätin Barbara Eibinger-Miedl
Soziallandesrätin Doris Kampus (re.) und Wirtschaftslandesrätin Barbara Eibinger-Miedl erwarten Impulse aus dem Arbeitsmarktpolitischen Beirat, der am Montag erstmals zusammengetreten ist.

Neuerlich befindet sich Österreich im nunmehr vierten Lockdown, der vom Handel über die Gastronomie bis zum Tourismus Spuren hinterlassen wird. Fest steht damit auch, dass der Arbeitsmarkt so in Bewegung bleibt wie seit vielen Jahrzehnten nicht. Binnen weniger Monate pendelte das Beschäftigungsausmaß zwischen historisch höchster Arbeitslosigkeit seit 1945 und aktuell nahezu Vollbeschäftigung.

Genau in diese Phase neuer Unsicherheiten fällt die Gründung des Arbeitsmarktpolitischen Beirates für die Steiermark, der am Montag (22. November) erstmals in einer Online-Konferenz zusammengetreten ist. Soziallandesrätin Doris Kampus und Wirtschaftslandesrätin Barbara Eibinger-Miedl diskutierten mit AK-Präsident Josef Pesserl, WK-Präsident Josef Herk, ÖGB-Präsident Horst Schachner, IV Steiermark-Präsident Stefan Stolitzka und AMS-Landesgeschäftsführer Karl Heinz Snobe die aktuelle Lockdown-Situation und die Aufgaben des Beirates.

„Für diese neue Situation am Arbeitsmarkt, die gerade entsteht und die durch den neuerlichen Lockdown wieder destabilisiert wird, brauchen wir neue Ansätze in der Arbeitsmarktpolitik, die über das bisherige Instrumentarium hinausgehen und als Bindeglied zwischen der klassischen Sozialpolitik auf der einen und der klassischen Wirtschaftspolitik auf der anderen Seite dienen“, beschrieb Soziallandesrätin Doris Kampus ihre Erwartung an das neue Forum. Und weiter: „Aus diesem Grund habe ich gemeinsam mit Wirtschaftslandesrätin Barbara Eibinger-Miedl diesen arbeitsmarktpolitischen Beirat ins Leben gerufen, der alle Kompetenzen und alle Stakeholder in Zukunft regelmäßig an einen Tisch bringt, um die steirische Arbeitsmarktpolitik noch stärker in den Fokus zu rücken.“

„Der massive Arbeits- und Fachkräftemangel in nahezu allen Branchen der Wirtschaft ist neben der Digitalisierung und der grünen Transformation die große Herausforderung für unseren Wirtschaftsstandort. Wir müssen hier gemeinsam agieren und Strategien sowie Maßnahmen entwickeln, um die Betriebe bei ihrer Suche nach Arbeitskräften zu unterstützen. Dabei ist es besonders wichtig, dass wir uns mit den Sozialpartnern künftig noch enger abstimmen. Genau dies werden wir mit dem neuen arbeitsmarktpolitischen Beirat tun“, so Wirtschaftslandesrätin Barbara Eibinger-Miedl.

Fixiert wurde, dass der Beirat dem regelmäßigen Austausch dienen, gemeinsame steirische Positionen zum Arbeitsmarkt erarbeiten und Arbeitsmarkt-Projekte abwickeln soll. Inhaltlich standen bei der ersten Sitzung des neuen Gremiums die Themen Langzeitarbeitslosigkeit, Fachkräftemangel und EU-Programme für den steirischen Arbeitsmarkt im Fokus. Zur konkreten Fort- und Umsetzung wurden Arbeitsgruppen eingesetzt.

Statements der Teilnehmer:

Josef Pesserl, Präsident der Kammer für Arbeiter und Angestellte: „Wir begrüßen es sehr und bedanken uns dafür, Teil des Arbeitsmarktpolitischen Beirats sein zu dürfen. Dieser stellt eine wesentliche Institution dar, um strategische Maßnahmen für den steirischen Arbeitsmarkt unter Einbeziehung der Sozialpartner zu setzen – besonders in herausfordernden Zeiten wie diesen: Schlagworte wie Langzeitarbeits- oder Jugendarbeitslosigkeit, Fachkräftemangel und Diskussionen um die Höhe des Arbeitslosengeldes prallen auf die katastrophalen Zustände im Bereich der Gesundheits- und Pflegeberufe und die angespannte Situation in der Kinderbetreuung. Es ist an der Zeit, den Stellenwert der Arbeit und der Beschäftigten und das konstruktive Miteinander wieder verstärkt in den Mittelpunkt zu stellen.“

Josef Herk, Präsident der Wirtschaftskammer Steiermark: „Auch wenn aktuell die Corona-Pandemie leider einmal mehr die Schlagzeilen beherrscht, ist und bleibt der Fachkräftemangel das beherrschende Thema der kommenden Jahre. Davon zeugt die stetig wachsende Zahl an offenen Stellen, die in der Steiermark aufgrund des demographischen Wandels wohl noch weiter zunehmen wird. Dazu braucht es nur einen Blick in die Statistik. Hier zeigt sich nämlich, dass die Zahl der über 50-jährigen unselbstständig Beschäftigten in unserem Bundesland innerhalb von nur 15 Jahren von 68.893 (2005) auf 146.401 (2020) gestiegen ist. Damit verzeichnen wir hier mehr als eine Verdoppelung, während die Zahl der Mitarbeiter unter 25 Jahren im selben Zeitraum von 71.959 auf 59.767 gesunken ist. Um es noch deutlicher auf den Punkt zu bringen: Wir verlieren durch die demographische Entwicklung und dadurch, dass geburtenstarke Jahrgänge jetzt in Pension gehen, jedes Jahr das Arbeitskräftepotenzial in der Größe einer Stadt wie Weiz. Umso wichtiger ist es, arbeitsmarktpolitische Notwendigkeiten auf breiter Basis zu diskutieren.“

Stefan Stolitzka, Präsident der Industriellenvereinigung Steiermark: „Der Bedarf an Arbeits- und Fachkräften ist in der steirischen Industrie so hoch wie schon lange nicht. Wir haben Rekordbeschäftigung, eine Arbeitslosenquote wie zuletzt 1986 und gleichzeitig zehntausende offene Stellen. Wer glaubt, dieses Problem mit schnellen, einfachen Lösungen in den Griff zu bekommen, irrt. Wir benötigen ein breites Maßnahmenbündel, um das steirische Fachkräftepotenzial kurz- und mittelfristig zu erhöhen, zu verbessern und zu aktivieren. Dazu gehören etwa die Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie (Stichwort Kinderbetreuung), die laufende Optimierung der Berufsorientierung, die Bewerbung der Steiermark als Lebensmittelpunkt für internationale Fachkräfte oder auch die längere Beschäftigung älterer ArbeitnehmerInnen.“

Horst Schachner, Vorsitzender des ÖGB Steiermark: „Aus gewerkschaftlicher Sicht ist es sehr erfreulich, dass sich heute in der Steiermark ein arbeitsmarktpolitischer Beirat konstituiert hat. Uns allen geht es um die Eindämmung der immer noch hohen Arbeitslosigkeit und uns allen geht es um den Wirtschaftsstandort. Es ist ganz klar, dass die Organisationen der ArbeitnehmerInnen andere Interessen zu vertreten haben als jene der ArbeitgeberInnen. Aber uns vereint der Wunsch, einen guten und starken Wirtschaftsstandort zu haben. Ich hoffe sehr, dass wir im Beirat gemeinsam mit Landesregierung und Arbeitsmarktservice zum Wohl der steirischen ArbeitnehmerInnen und zum Wohl der steirischen Wirtschaft tätig sein werden.“

Karl Heinz Snobe, Landesgeschäftsführer AMS Steiermark: „Angesichts der bestehenden wie künftigen Herausforderungen am steirischen Arbeitsmarkt – von der Bewältigung der Langzeitarbeitslosigkeit bis zur Linderung des Fachkräfteengpasses – ist es entscheidend, dass alle wesentlichen Akteure aus Arbeitsmarktservice, Politik und Sozialpartnerschaft gemeinsam an einem Strang ziehen. Der neue Arbeitsmarktpolitische Beirat ist daher das ideale Forum, um sich miteinander regelmäßig auszutauschen und gemeinsame Leitplanken zur Hebung der Beschäftigung und Senkung der Arbeitslosigkeit in unserem Bundesland einzuschlagen.“