Der Quantensprung von fluvicon: Sauberes Wasser im 21. Jahrhundert
„Ich hätte PC-Games programmieren können“, sagt Thomas Grießler. „Aber ich wollte etwas kreieren, das die Menschen vermissen, auch wenn sie es nicht kennen.“ Das ist ihm zweifellos gelungen. Der Leobner Physiker entwickelte ein der Natur nachempfundenes Osmoseverfahren zur Wasseraufbereitung und Energieerzeugung, die den Stand der Technik revolutioniert: Sie reduziert den Energieverbrauch um die Hälfte, vereinfacht Betrieb und Wartung und löst fast alle Probleme bisheriger Technologien. „Herkömmliche Anlagen nutzen druckbasierte Membrantrenntechnik. Das ist energieintensiv, teuer; die Membran verschmutzt und verkalkt rasch. Ist beispielsweise Öl im Wasser, hält sie nur wenige Minuten. So ist Wasseraufbereitung wirtschaftlich nicht darstellbar“, erklärt Grießler. Die preisgekrönte Zuglösung von fluvicon hingegen imitiert die Funktionsweise lebender Zellen. Zuerst erfolgt die Osmose, die das Frischwasser von den Verunreinigungen trennt. Danach erneuert sich der Osmolyt der Zuglösung selbst. Ein selbsterhaltender Kreislauf entsteht, die Membran bleibt funktionstüchtig und hält über Jahre hinweg immenser Verunreinigung stand. Derzeit beträgt die Haltbarkeit der Membran mehr als 6 Jahre.
Meerwasser, Öl, Trinkwasser
fluvicon steht die Tür zu unzähligen Märkten weit offen. Grießler: „Meerwasserentsalzung ist mit einem jährlichen Marktpotenzial von 45 Milliarden Euro eine der größten Aufgaben der Wassergewinnung. Tendenz stark steigend.“ Zudem ist erstmals die saubere Trennung von Öl und Salzwasser möglich – konkret die Aufbereitung von Produktionswässern aus Erdöl- und Erdgasindustrie sowie die Beseitigung von Umweltkatastrophen (Potenzial insgesamt rund 35 Mrd. Euro im Jahr). Die Liste lässt sich fortsetzen: der Bergbau, die Landwirtschaft, die Konzentrat-Herstellung im Bereich Lebensmittel oder Biodiesel, die Reinigung von Krankenhauswasser inklusive Rückgewinnung der Medikamentenreste oder die Trinkwassergewinnung in der Schifffahrt sind nur einige weitere Anwendungen.
Internationale Patente sind steirisch
Vom ersten Prototypen bis zur skalierfähigen Anlage wurde die Technologie über acht Jahre hinweg verbessert und verfeinert. „Wir haben einen langen Weg hinter uns mit zahlreichen unternehmerischen ‚Nahtoderfahrungen´“, sagt Thomas Grießler. „Nennen Sie es Herzblut, Idealismus oder Blauäugigkeit.“ Indes hat fluvicon renommierte Hochtechnologieförderungen lukriert, mehrere Investorenrunden erfolgreich abgeschlossen und hält internationale Patente, USA und China miteingeschlossen. Aktuell fokussiert sich das Unternehmen auf die Bereiche Öl & Gas, Bergbau und Meerwasserentsalzung und führt zu diesen Themen internationale Forschungskonsortien. Seit Beginn des Jahres laufen Pilotprojekte mit einem Automobilzulieferer bzw. zur Tiefbohrwasserreinigung in einem Erdgasfeld. In Deutschland erhielt fluvicon kürzlich den bundesgeförderten Auftrag über eine Flussaufbereitung, ein Millionenprojekt. Grießler: „Es steht eine rasante Entwicklung bevor. Wasser ist das Thema des 21. Jahrhunderts.“
Sigrid Gaisch-Faustmann