Herzstück des smaXtec-Systems ist ein Sensor, den die Milchkuh zusammen mit ihrem Futter schluckt. Weil er schwerer ist als der Gras- und Heubrei, bleibt er im Pansen der Kuh und misst dort verschiedene Werte: Die Körpertemperatur wird ebenso registriert wie das Trinkverhalten, das Wiederkauverhalten oder die Aktivität der einzelnen Kuh. Die gewonnen Daten sendet der so genannte Bolus-Sensor an eine Basisstation, die im Stall montiert ist. Diese gibt sie an die Cloud weiter, wo der Landwirt auf sie zugreifen kann.
Vom Kuhmagen in die Cloud
Durch die kontinuierliche Überwachung der inneren Körpertemperatur ist eine besonders präzise Früherkennung von Krankheiten möglich. Sobald das Immunsystem auf Krankheitserreger oder andere Einflüsse reagiert, verändert sich die Körpertemperatur – lange bevor äußerliche Anzeichen sichtbar werden. Je früher ein Tier behandelt wird, umso geringer ist das Risiko eines schweren Krankheitsverlaufs. Außerdem können nicht ganz gesunde Kühe rechtzeitig isoliert werden, bevor sie ihre Stallgenossinnen anstecken.
„Das System bietet einen dreifachen Nutzen“, schildert Stefan Scherer, CEO von smaXtec. „Die Kühe sind gesünder, weil man schon beim ersten Anzeichen einer Erkrankung eingreifen kann. Die Umwelt wird geschont, weil weniger Medikamente, insbesondere Antibiotika, eingesetzt werden müssen. Und der Landwirt profitiert, weil er weniger Zeit aufwenden muss, geringere Behandlungskosten anfallen und die Milchleistung stabil bleibt.“
„Wir geben eine Garantie auf die Lebensdauer des Tieres!"Stefan Scherer, CEO
Die akkubetriebene Bolus-Sonde verbleibt lebenslang im Pansen der Kuh. „Wir geben eine Garantie auf die Lebensdauer des Tieres, bei Milchkühen ist dies je nach Region unterschiedlich. In Österreich sind das normalerweise fünf bis sechs Jahre“, versichert Scherer.
smaXtec lässt sich nicht nur zur Krankheitserkennung einsetzen, sondern auch zur Erkennung der Brunst. „Milchkühe zeigen heute immer kürzere und schwächere Anzeichen für die Brunst, und diese oftmals in der Nacht“, weiß Scherer. Die Gefahr, die Zeichen zu übersehen, sei groß. Das System erkennt Brünste anhand des veränderten Verhaltens der Kühe. Dabei analysiert es das Verhalten über längere Zeit und schlägt, sobald die Hauptbrunst mit Sicherheit erkannt wurde, ein Besamungszeitfenster vor. Auch der Geburtszeitpunkt des Kalbes wird rechtzeitig erkannt. Durchschnittlich 15 Stunden vor der Abkalbung schlägt smaXtec Alarm.
KI im Kuhstall
Die Künstliche Intelligenz hat über smaXtec auch im Kuhstall Einzug gehalten. Scherer: „Unsere neue Technologie stellt eine Revolution in der Gesundheitsüberwachung bei Milchkühen dar. Sie basiert auf dem umfassenden Wissen und der jahrelangen hochwertigen Datenerfassung von Hunderttausenden von Kühen.“ Konkret warnt das System zum Beispiel vor einer drohenden Mastitis – einer Euterentzündung, unter der Milchkühe öfter leiden. Es warnt vor Verdachtsfällen und gibt Handlungsempfehlungen für alternative Maßnahmen. „Auch weniger erfahrene Mitarbeiter können die richtigen Schritte setzen und damit eine schnelle Genesung fördern“, erklärt Scherer. Die Technologie wird aktuell die häufigsten Krankheiten ausgeweitet.
Die Idee für smaXtec wurde 2006 aus der Neugier von zwei Technikern geboren. Stefan Rosenkranz und Mario Fallast wurden auf ein Problem der Milchwirtschaft aufmerksam. Dieses betraf den pH-Wert im Pansen der Tiere, der damals nur sehr umständlich gemessen wurde. Deshalb entwickelten sie die heute eingesetzte Sonde. 2009 wurde ein entsprechendes Forschungsprojekt gegründet, 2016 startete die kommerzielle Vermarktung des Systems.
Derzeit beschäftigt das Unternehmen mit Hauptsitz in Graz weltweit rund 160 Mitarbeiter und bietet das weltweit am stärksten wachsende Monitoringsystem an. Rund 10.000 Milchbetriebe nutzen das smaXtec-System mittlerweile. Die Tendenz ist stark steigend: „2020 haben wir ein globales Wachstumsprogramm gestartet“, erzählt der CEO. Dafür wurden Niederlassungen in zahlreichen Direktmärkten gestartet. Dazu zählen Deutschland, die Niederlande, das Vereinigte Königreich, Irland, die Schweiz, die USA und Neuseeland. „Wir freuen uns über unser schnelles globales Wachstum und investieren ständig in eine noch stärkere Expansion. Dies betrifft die technologische Weiterentwicklung ebenso wie die Internationalisierung, sagt Scherer. Finanziert wurde die Expansion teilweise von der SFG, die über eine Stille Beteiligung Unterstützung geleistet hat.
Andreas Kolb